Für die Zementindustrie gelten weitaus weniger strenge Abgasgrenzwerte als für Müllverbrennungsanlagen, dabei verbrennen Zementwerke oft das gleiche:
In den Drehöfen der über 50 Zementfabriken in Deutschland werden immer mehr Autoreifen, Altöl, Gewerbeabfall oder Teile des Hausmülls als Ersatzbrennstoff mitverbrannt. Der Anteil am gesamten Brennstoffeinsatz ist in den vergangenen 20 Jahren um mehr als das Dreifache gestiegen. Lag er 1999 noch bei rund 20 Prozent, waren es 2019 mit 3.788.000 Tonnen Abfall rund 70 Prozent, wie aus Berichten des Vereins Deutscher Zementwerke hervorgeht.
TAZ, 18. Januar 2021
Zementfabriken sind effektiv also Müllverbrennungsanlagen. Doch im Gegensatz zu Müllverbrennungsanlagen, dürfen Zementwerke weitaus mehr Schadstoffe in die Luft blasen:
Laut den Grünen zeigten Schadstoffmessungen, dass Zementwerke, die Müll mitverbrennen, deutlich mehr Luftschadstoffe ausstoßen als Zementfabriken, die nur Kohle verwenden. So sei in einigen Werken bei der Mitverbrennung von Abfall das Doppelte an gesundheitsschädlichem Kohlenmonoxid ausgestoßen worden. Durch Ausnahmeregelungen könnten fast alle Zementwerke bis zum 8-fachen der eigentlichen Grenzwerte bei Schwefeldioxid und sogar bis zum 60-fachen bei Kohlenmonoxid ausstoßen.
TAZ, 18. Januar 2021
Beispiel Ofenabgase Steinbruch Endress: Laut Genehmigungsbescheid vom 20.03.2015 darf dieser im Tagesmittelwert 700 mg/m³ Kohlenmonoxid im Abgas emittieren. Zum Vergleich darf eine Müllverbrennungsanlage gerade einmal 50 mg/m³ Kohlenmonoxid im Tagesmittel abgeben (Quelle: Sachverständigengutachten Abfallmitverbrennung in Zementwerken des Umweltbundesamtes). Immerhin, beim Schwefeldioxid muss er sich an die 50 mg/m³ halten, die auch für Müllverbrennungsanlagen gelten. Zu bedenken gilt: Der mit Altöl befeuerte Kalkbrennofen liegt unmittelbar neben dem Wohngebiet Heuleithe.
Beim Tagesmittelwert für Kohlenmonoxid überschreitet der Steinbruch Endress, das ist den Meßprotokollen zu entnehmen, regelmäßig um Faktor fünf den Kohlenmonoxid-Grenzwert gewöhnlicher Müllverbrennungsanlagen. Doch da er Zement herstellt, gelten für den Steinbruch eben nicht die Gesetze normaler Müllverbrennungsanlagen.